3.3 Josef Felder erlebt im April die sozialistischen Räterepubliken in Bayern
Josef
Felder war absolut gegen diese Räterepublik
eingestellt:
„Was sie taten, verstieß gegen mein Ordnungsgefühl.
Etwa wie sie alle Akten aus dem
Polizeipräsidium auf die Straße warfen und verbrannten und all diese
Geschichten. Ich musste einmal in einem dieser Demonstrationszüge mitmarschieren,
zu denen die Mitarbeiter aller Betriebe genötigt wurden. Sobald es ging,
verdrückte ich mich in eine Seitengasse. Ich war der Meinung, die
Sozialdemokraten hätten entschiedener eingreifen müssen, um diese
kommunistische Räterepublik zu verhindern.“ (JF. Warum ich Nein sagte, S. 42
)
Portrait Josef Felder
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Über die Münchener Vorgänge geisterten wahre
Schauermärchen durch ganz Deutschland, die konservativen Kräfte waren
alarmiert, die Reichswehr
und Freikorpstruppen
wurden mobilisiert. München war von der Lebensmittelzufuhr abgeschnitten,
überall patrouillierte die Rote
Armee auf den Straßen, wer München verlassen wollte, benötigte eine
Genehmigung. Kritiker wurden sofort verhaftet.
Mitte April begann ein brutaler
Bürgerkrieg, eine eilig aufgestellte „Rote Armee“ stand Freikorpstruppen
und regulären Truppeneinheiten gegenüber. Auf beiden Seiten kam es zu Geiselerschießungen
und brutalen Misshandlungen.
Am 2. Mai eroberte die „weiße Armee“ München.
Die Mitte März vom Landtag gewählte Regierung Johannes Hoffmann (MSPD), die mittlerweile
nach Bamberg geflüchtet war, kehrte zurück.
Portrait Johannes Hoffmann
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Josef Felder flüchtete in
dem Chaos zu seiner Tante und seinem Onkel „Zwegerl“, einer Schwester seiner
leiblichen Mutter in die Falkenstraße in der Au, wo auch sein Bruder Toni aufwuchs. Von dort aus verfolgte er die
Ereignisse. Frauen brachten den sich verteidigenden Kommunisten in Eimern etwas
zum Essen, ehe ein Panzerzug der „Weißen“ vom Münchener
Hauptbahnhof aus vorfuhr und die am Bahndamm liegenden Kommunisten unter Beschuss
nahm.
Die weißen Garden
durchkämmten Häuserblock um Häuserblock und liquidierten Angehörige der Roten Armee, auf Hinweis von
Josef Felders Onkel
auch einen jungen Mann, der Handgranaten versteckt hatte. Versehentlich
ermordeten die „Weißen“
sogar 21 Mitglieder des
katholischen Gesellenvereins, da man sie für „Spartakisten“
gehalten hatte.
Das Volkshaus zur Zeit der Revolution
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Die Bilanz der Gegner der Revolution
war furchtbar. Mehr als 600 Tote wurden gezählt, überwiegend Spartakisten,
die zumeist ohne standrechtliches Urteile erschossen worden waren. Der bei der
Niederschlagung der Räterepublik
zum Vorschein gekommene Hass vergiftete noch lange die politischen Verhältnisse
in Bayern. Die Rätedemokratie war in den Augen der Sieger
diskreditiert. Die Tatsache, dass führende Vertreter Juden gewesen waren,
verstärkte nur noch den Antisemitismus
der deutschen Gesellschaft. Für die nach dem Ende des Ersten Weltkrieges
beginnende Bewegung des Nationalsozialismus
bedeutete das nationale Trauma der Revolutionszeit eine wichtige Starthilfe.
Niederschlagung der Münchner Revolution durch Freikorps
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Josef Felder blieb nach
dem blutigen Ende der Revolution
noch bis Anfang Juli 1919 in
München. Das Betriebsklima änderte sich deutlich, denn von nun an ließen „die
Herren der Betriebsleitung“ die Belegschaft „wieder spüren, dass sie die Chefs
waren.“
Revolutionäre Phasen in Bayern vom 8.11.1918 bis 2.05.1919
Übersicht Münchner Räterepublik
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Ausrufung der Räterepublik durch Kurt Eisner
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Mitglieder der ersten bayerischen Räteregierung in der Festungsanstalt
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Text von : Christian Heidinger, Christoph Jung
Literatur:
- Bernhard
Grau, Kurt Eisner :
1867-1919. Eine Biografie . München 2001.
- Oskar Maria Graf, Wir sind Gefangene .
München 2002
- Hans Beyer, Die Revolution in Bayern 1918/19 . 1988
- Deutscher
Bundestag. Wissenschaftliche
Dokumentation (Hrsg.), Abgeordnete des deutschen Bundestages.
Aufzeichnungen und Erinnerungen, Band 1, S. 15-79: Josef Felder; Mein Weg:
Buchdrucker – Journalist – SPD-Politiker; Bonn 1982 ;
- Josef Felder, Warum ich Nein sagte.
Erinnerungen an ein langes Leben für die Politik; Reinbek 2002
Weblinks:
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