8. Der Spartakusaufstand im Januar 1919

Auslöser des Aufstands war die Absetzung des Berliner Polizeipräsidenten Emil Eichhorn von der USPD durch den nur noch dreiköpfigen Rat der Volksbeauftragten. Dort bestimmte Friedrich Ebert seit dem Ausstieg der USPD-Mitglieder am 29. Dezember 1918 die Politik des Gremiums.



Arbeiter, die den Revolutionären Obleuten nahe standen, besetzten daraufhin spontan am 5. Januar 1919 u.a. ein Redaktionsgebäude des sozialdemokratischen Vorwärts. Die Obleute waren frei gewählte, von den Gewerkschaften unabhängige Betriebsräte. Sie bildeten sich im Verlauf des Ersten Weltkriegs vor allem in den Berliner Rüstungsbetrieben und besaßen bereits einige Streikerfahrung. Als Kriegsgegner hatten sie sich überwiegend der USPD angeschlossen und die Mitgliedschaft in der am 1. Januar 1919 neu gegründeten KPD abgelehnt.



Die Führungen von USPD und KPD riefen die Berliner Bevölkerung zu einem Generalstreik für den 7. Januar auf, dem etwa 500.000 Menschen folgten. Die Streikleitung konnte sich aber nicht auf das weitere Vorgehen einigen. Einige Vertreter forderten den bewaffneten Aufstand, andere plädierten für Verhandlungen mit Ebert.

Der KPD-Führer Karl Liebknecht befürwortete gegen den Rat von Rosa Luxemburg den Versuch, die Restregierung Eberts mit Waffengewalt zu stürzen. Zugleich versuchten die KPD-Vertreter, die Volksmarinedivision, auf ihre Seite zu ziehen. Dies gelang jedoch nicht, weil die meisten der Soldaten loyal zum Rat der Volksbeauftragten standen.

Mittlerweile war ein Flugblatt des Vorwärts mit dem Titel „Die Stunde der Abrechnung naht!“ erschienen, und Ebert hatte Gustav Noske den Auftrag zum Vorrücken von Freikorps auf Berlin gegeben. Der Spartakusbund rief seine Anhänger jetzt zur Teilnahme am bewaffneten Kampf auf.



Ebert gab daraufhin den Einsatzbefehl gegen die Streikenden an die ihm nahestehenden kaiserlichen Regimenter, die ihren Gegnern militärisch weit überlegen waren. Sie eroberten die besetzten Gebäude und Straßen rasch; vielfach ergaben sich die Besetzer freiwillig. Dies hinderte das Militär nicht, sie zu Hunderten standrechtlich zu erschießen. Auch eine unbekannte Zahl unbeteiligter Zivilisten kam bei diesem Waffeneinsatz ums Leben.

Wenige Straßen entfernt wartete eine große Menschenmenge auf einem der Berliner Plätze. Sie war zum Kampf bereit, erhielt aber keine Befehle seitens der Führer der Spartakisten. Auf ihren Plakaten und Spruchbändern standen zum Teil dieselben Parolen wie zu Beginn der Novemberrevolution: „Frieden und Einigkeit“.



Im Verlauf der Kämpfe rückten die republikfeindlichen Freikorps, in die Stadt ein. Das größte der Freikorps war die sogenannte Garde-Kavallerie-Schützen-Division unter dem Offizier Waldemar Pabst, der im Krieg General von Seeckt unterstand. Die Zeitungen begrüßten den Einzug als Wiederherstellung von „Ruhe und Ordnung“ in Berlin. Damit war der Aufstand praktisch beendet.

Die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht

Die Führer der Spartakisten mussten nun um ihr Leben fürchten und untertauchen, da nach ihnen gesucht wurde; es erschienen Aufrufe an die Berliner Bevölkerung, sie als „Rädelsführer“ ausfindig zu machen und den Militärs zu übergeben. Dafür wurde eine hohe Belohnung ausgesetzt, die ebenfalls aus dem Fonds von Stinnes stammte.



Am 15. Januar abends wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in der Wohnung eines Freundes in Berlin-Wilmersdorf von der dortigen „Bürgerwehr“ entdeckt, verhaftet und Waldemar Pabst übergeben. Dieser ließ die Gefangenen stundenlang verhören und misshandeln. Ein weiterer verhafteter KPD-Führer, Wilhelm Pieck, wurde Zeuge dieser Misshandlungen. Pabst sagte aus, von Gustav Noske persönlich die Erlaubnis zur Ermordung der Spartakusführer erhalten zu haben. Der Wahrheitsgehalt dieser Aussagen Pabsts ist nach wie vor sehr umstritten.



Der Mord sollte wie ein Attentat aussehen, weshalb Rosa Luxemburg beim Abtransport einen schweren Kolbenschlag erhielt. Bereits bewusstlos, wurde sie dann unterwegs im Wagen von einem anderen Soldaten der Truppe mit einem aufgesetzten Schläfenschuss erschossen. Die Tote wurde in den Berliner Landwehrkanal geworfen, wo man die Leiche erst am 1. Juni 1919 fand.

Liebknecht wurde ebenfalls abtransportiert und fast bewusstlos geschlagen, musste unterwegs aussteigen und dann als „Flüchtender“ von hinten erschossen. Der Tote wurde einer Berliner Polizeistation als „unbekannte Leiche“ übergeben.

Dass die Mörder überhaupt strafverfolgt wurden, erreichte Leo Jogiches, Rosa Luxemburgs früherer Partner, der nach ihrem Tod die Führung der KPD übernahm und die Morde aufzuklären versuchte. Auch er wurde im März 1919 bei weiteren Freikorpseinsätzen gegen linke Arbeiterführer verhaftet und im Gefängnis ermordet.



Die Morde des 15. Januar lösten im ganzen Reich schwere Unruhen und Aufstände aus; es kam in vielen Großstädten zu ähnlichen Kämpfen wie in Berlin mit etwa 5.000 Todesopfern. In Bayern konnte die etwa sechs Wochen nach der Ermordung des USPD-Ministerpräsidenten Kurt Eisner am 7. April 1919 ausgerufene Münchner Räterepublik sich bis Anfang Mai in München halten, bevor sie von einer Übermacht rechtsextremer Freikorps- und Reichswehrverbände blutig niedergeschlagen wurde.

Die bürgerkriegsartigen Zusammenstöße belasteten die Weimarer Republik von ihrer Gründung an schwer. Die Wählerbasis der SPD wurde derart geschmälert, dass die SPD stets auf Koalitionen mit bürgerlichen Parteien angewiesen blieb. Ein Teil der Linken fand kein Vertrauen in die parlamentarische Demokratie, so dass bald die republikfeindlichen Kräfte der Rechten die Tagespolitik bestimmten.

Am 4. Dezember 1920 vollzogen die USPD-Linken die Vereinigung mit der KPD gemäß den Beitrittsbedingungen der Komintern zur Vereinigten Kommunistischen Partei Deutschlands (VKPD). Rund 340.000 Parteimitglieder, die sich nicht in Abhängigkeit von Moskau begeben wollten - darunter drei Viertel der 81 Reichstagsabgeordneten - führten den Namen USPD weiter. Sie vereinigen sich im Jahr 1922 wieder mit der MSPD.



Die SPD als solche, präsentierte sich nach den langen Jahren der Aufspaltung nun wieder geschlossener, allerdings blieb die Spaltung der Arbeiterschaft infolge der militanten Politik der SPD-Führung gegenüber den linken Kräften irreversibel. Der Antagonismus zwischen gemäßigten Sozialdemokraten und Kommunisten war unüberbrückbar und damit war die Chance zur Bildung einer Volkspartei vertan.


Text: Tobias Eder
Literatur und Internetressourcen:
www.SPD.de - Geschichte
www.dhm.de/lemo (Innenpolitik im Kaiserreich)
Volker Berghahn, Das Kaiserreich 1871-1914.
Industriegesellschaft, bürgerliche Kultur und autoritärer Staat. Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, 10. Auflage, Band 16; Stuttgart 2003; S. 305-332;
Michael Stürmer, Das ruhelose Reich. Deutschland 1866-1918; Berlin 1994
K.D. Erdmann, Die Zeit der Weltkriege, Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, 9. Auflage, Stuttgart 1973
Hagen Schulze, Weimar. Deutschland 1917-1933; Berlin 1982
Walter Tormin (Hrsg.), Die Weimarer Republik; Hannover 1973