4.3 Freitod Antonie Pfülfs



Antonie Pfülf, die von 1919 bis 1933 Mitglied der Reichstagsfraktion der SPD war, hielt die Zustimmung der SPD-Fraktion zur Friedensresolution am 17. Mai 1933 für moralisch unvertretbar. Daher reiste sie noch vor der Abstimmung ab und unternahm auf der Heimreise einen Selbstmordversuch, der jedoch misslang.

„Die Existenzfrage ist es nicht. Aber daß viereinhalb Millionen freie Gewerkschafter und die christlichen Organisationen, daß ihr alle zusammen und die große Partei nicht versucht habt, auf jede Gefahr hin Widerstand zu leisten, das kann ich nicht ertragen. Das kann ich nicht ertragen. Und jetzt habt ihr auch noch zugestimmt am 17. Mai. Nein! Wenn ihr nochmals nach Berlin geht, bin ich nicht mehr unter euch.“ (JF S. 146)
Dies erklärte Toni Pfülf gegenüber Josef Felder, der sie kurz nach ihrem Selbstmordversuch aufsuchte. Auch andere ihrer politischen Freunde wie zum Beispiel der SPD-Fraktionsführer Paul Löbe versuchten bei Besuchen, sie zu überreden, keine weiteren Selbstmordversuche mehr zu unternehmen. Doch Antonie Pfülf konnte die moralische Belastung nicht verwinden und nahm sich daher am 8. Juni 1933 in ihrer Wohnung in München das Leben.
Verfasserin: Anja Riusinger
Literatur:
Josef Felder. Warum ich Nein sagte. Reinbek bei Hamburg, Rowohlt Taschenbuch 2002 (vgl. S. 144ff)