4.5 Sopade



Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten sahen viele sozialdemokratische Funktionäre oder Parlamentarier ihre einzige Chance auf sicheres Überleben und persönliche Freiheit im Exil. Daher beschloss der Parteivorstand der SPD im Mai 1933, Verbindungsstellen der Partei in Prag und Saarbrücken einzurichten. Ein Teil des Parteivorstandes der SPDOtto Wels, Hans Vogel, Friedrich Stampfer – bezog seinen Sitz in Prag und gründete dort die Sopade (Sozialdemokratische Partei Deutschlands)

Eines der wichtigsten Ziele der Sopade war es, die Welt über die verbrecherischen Taten und Vorhaben der Nationalsozialisten zu informieren und über die Vorgänge in Deutschland zu berichten. Dies wurde der Prager Sopade durch die solidarische Unterstützung von ihren sudetendeutschen Parteigenossen erleichtert, die ihr sogar die Einrichtung ihres eigenen Verlages „Graphia“ in Karlsbad ermöglichte. So konnte die Sopade neben regelmäßigen Publikationen wie beispielsweise der „Zeitschrift für Sozialismus“ oder dem „Neue Vorwärts“ auch Berichte wie beispielsweise 1934 eine Dokumentation über die Konzentrationslager des Dritten Reiches erstellen. Diese sollten die Welt über die Schrecken der NS-Herrschaft aufklären.

Zudem wurden einige der Publikationen der Sopade durch ein Netz von Grenzsekretären, die sich höchster Gefahr aussetzten, nach Deutschland befördert und dort von kleinen Widerstandsgruppen verbreitet. Diese unterstützte die Sopade auch durch die Bereitstellung finanzieller Mittel und Lieferung von Papiervorräten. Durch ihre Informationsarbeit leistete die Sopade einen großen Beitrag zum Widerstand gegen das NS-Regime.

Da Großbritannien und Frankreich hofften, den Frieden in Europa durch Zugeständnisse an Adolf Hitler bewahren zu können, unterzeichneten sie am 29. September 1938 zusammen mit dem Deutschen Reich und Italien das Münchner Abkommen. Es legte fest, dass die Tschechoslowakei ihre sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich abtreten musste. Daraufhin sah sich die Sopade gezwungen, die Tschechoslowakei zu verlassen und begab sich ins Exil nach Paris.

Im Gegenteil zur hilfreichen Unterstützung in der Tschechoslowakei traf sie dort jedoch auf Ablehnung und erhebliche Beeinträchtigungen. So wurden viele nach Frankreich geflüchtete deutsche Staatsbürger in Internierungslagern untergebracht. Schließlich verpflichtete sich Frankreich nach dem Überfall der deutschen Truppen im Waffenstillstandsabkommen vom 22. Juni 1940 sogar zur Auslieferung aller Flüchtlinge an Deutschland. Daher mussten diese, sofern sie nicht bereits verhaftet waren, aus Frankreich fliehen. Die Verfolgten erfuhren vor allem aus den Vereinigten Staaten, in denen sich schließlich viele in Sicherheit brachten, große Hilfe.

Neben den USA war auch Großbritannien ein Zufluchtsort für viele Sozialdemokraten. In Großbritannien gewannen die geflüchteten Repräsentanten der Sopade nach anfänglichen Hindernissen wie strengen Einwanderungsbestimmungen und vorübergehenden Zwangsinternierungen Bewegungsfreiheit. Schließlich wurde in London die Zersplitterung der deutschen Arbeiterbewegung am 19. März 1941 durch die Gründung der „Union deutscher sozialistischer Organisationen in Großbritannien“ überwunden. Diese setzte sich unter anderem gegen die Kollektivschuldthese und die Aufteilungs- und Fremdherrschaftspläne der Alliierten nach dem militärischen Sieg über Deutschland ein und legte ihre Vorstellung zur Ausgestaltung eines neuen Staates 1945 in ihren „Programmatischen Richtlinien“ fest. Durch den Zusammenschluss der sozialistischen Einzelgruppen wurden in London die Weichen für die Zukunft der deutschen Sozialdemokratie gestellt.
Verfasserin: Anja Riusinger
Literatur:
Die tödliche Utopie. München - Berlin, Selbstverlag des Instituts für Zeitgeschichte 1999 (S. 270f, 354)
Heinrich Potthoff, Susanne Miller. Kleine Geschichte der SPD 1848-2002. Bonn, J.H.W. Dietz Nachf. 2002 (vgl. S. 127-147)
Jutta von Freyberg, Georg Fülberth, Jürgen Harrer, Bärbel Hebel-Kunze, Heinz-Gerd Hofschen, Erich Ott, Gerhard Stuby. Geschichte der deutschen Sozialdemokratie 1863-1975. Köln, Pahl-Rugenstein Verlag 1975 (vgl. S. 180-203)
http://library.fes.de/fulltext/bibliothek/chronik/spdc_band2.html
http://www.dhm.de
http://www.spd.de/servlet/PB/menu/1009535/index.html
http://www.gegen-diktatur.de/beispiel.php?_beisp_id=335&tafel_id=5&thema=0