4. Die Sozialistengesetze Bismarcks

1878 boten zwei Attentate auf Kaiser Wilhelm I. Anlass, die Schuld den Sozialdemokraten anzulasten, den Reichstag aufzulösen und den Bürgern Angst vor den Sozialdemokraten einzujagen.

Die im neuen Reichstag gestärkten bürgerlichen Parteien halfen Bismarck, das Gesetz „wider die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ durchzusetzen. Das „Sozialistengesetz“ beinhaltete zugleich das Verbot sozialdemokratischer, sozialistischer, kommunistischer Vereine, Versammlungen und Druckschriften. Polizeikontrollen und Ausweisungen aktiver Sozialdemokraten fanden statt, allerdings blieb die Kandidatur für den Reichstag weiterhin möglich. 1881,1884 und 1886 wurde das Sozialistengesetz bestätigt.
Gleichzeitig mit den Sozialistengesetz brachte Bismarck ein umfangreiches Sozialgesetzgebungswerk ein, mit dem er die Arbeiter durch soziale Leistungen für den Staat gewinnen und der Sozialdemokratie ihrer Grundlage berauben wollte.


Trotz aller Einschränkungen und Erschwernisse und selbst polizeistaatlicher Unterdrückung gelang es der Regierung nicht, den Aufstieg der Sozialdemokratie in Deutschland zu verhindern, im Gegenteil hatten diese Maßnahmen zur Straffung der Parteidisziplin geführt. Die führenden Sozialdemokraten agierten vom Ausland, etwa aus der Schweiz und aus England und schleusten von dort illegale Zeitungen ein. Die Stimmenergebnisse bei den Reichstagswahlen bewiesen, dass Bismarcks Unterdrückungsversuch erfolgreich abgewehrt wurde.

Während der Zeit der „Sozialistengesetze“ wurde die Stimmanzahl der Partei mehr als verdreifacht. Von 3,1% im Jahre 1871 (2 Abgeordnete) stieg die SPD auf 10,1 % im Jahre 1887 (24 Abgeordnete) bis auf 19,7 % im Jahre 1890 (35 Abgeordnete).

Da die Wahlkreiseinteilung trotz der Migrationsprozesse während der Industrialisierung unverändert blieb, wirkte sich das Mehrheitswahlrecht für die SPD sehr nachteilig aus. Bei 19,7 % für die SPD im Jahr 1890 erhielt die Partei gerade einmal 35 der 391 Mandate. Die bürgerlichen Parteien formierten sich im zweiten Wahlgang in Wahlbündnissen gegen den „Bürgerschreck SPD“ und blockierten so mit Hilfe des Mehrheitswahlrechts den weiteren Aufstieg der Sozialdemokratischen Partei.
Text: Tobias Eder
Literatur und Internetressourcen:
www.spd.de - Geschichte
www.dhm.de/lemo - Innenpolitik im Kaiserreich)
Volker Berghahn, Das Kaiserreich 1871-1914.
Industriegesellschaft, bürgerliche Kultur und autoritärer Staat. Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, 10. Auflage, Band 16; Stuttgart 2003; S. 305-332;
Michael Stürmer, Das ruhelose Reich. Deutschland 1866-1918; Berlin 1994
K.D. Erdmann, Die Zeit der Weltkriege, Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, 9. Auflage, Stuttgart 1973
Hagen Schulze, Weimar. Deutschland 1917-1933; Berlin 1982
Walter Tormin (Hrsg.), Die Weimarer Republik; Hannover 1973